Höchstgerichtliche Entscheidungen
Inhalte dieses Beitrags:
- Keine feste Niederlassung bei bloßer Grundstücksvermietung führt zur Nichtanwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung …
- Verzinsung von Umsatzsteuerbeträgen …
- Abgeltungswirkung der ImmoESt nur bei korrekter Höhe …
- Besteuerung der im Ausland tätigen Geschäftsführer einer österreichischen GmbH …
- Kein Hälftesteuersatz für Betriebsveräußerung bei unmittelbar nachfolgender Aufnahme einer Beschäftigung im Folgejahr …
- Vergütung des Verdienstentgangs umfasst auch Sonderzahlungen …
- Restrukturierungsverfahren als Mittel zur vorzeitigen Unternehmenssanierung in der Krise …
- Neuerungen in der Exekutionsordnung mit Auswirkung auf den Privatkonkurs …
EuGH/VwGH
Keine feste Niederlassung bei bloßer Grundstücksvermietung führt zur Nichtanwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung
Wird eine inländische Immobilie von einem ausländischen Eigentümer (bloß) vermietet und verfügt dieser über kein eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Inland, so gilt diese Immobilie nicht als feste Niederlassung (Betriebsstätte) im umsatzsteuerrechtlichen Sinn. Dies führt dazu, dass sich, bei bloßer Vermietungstätigkeit ohne personelle Ausstattung im Inland, die wirtschaftliche Ansässigkeit im Ausland befindet und dadurch die umsatzsteuerrechtliche Kleinunternehmerregelung nicht anwendbar ist.
Das hätte zur Folge, dass die Mietvorschreibungen an unternehmerische Mieter ohne Umsatzsteuer mit dem Hinweis des Übergangs der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger auszustellen wären. Die Vorsteuern für Eingangsleistungen in Zusammenhang mit der Vermietung wären folglich über das Erstattungsverfahren und nicht im Wege der Veranlagung geltend zu machen. Die Mietvorschreibungen an Privatpersonen als Mieter unterliegen ohne Anwendung der Kleinunternehmerregelung der Regelbesteuerung mit 20 Prozent USt (oder ggf. 10 Prozent für Wohnzwecke). Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Entscheidung reagiert, da ja bisher unterstellt wurde, dass diese Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären sind.
VwGH
Verzinsung von Umsatzsteuerbeträgen
Der VwGH hat unter Berufung auf den EuGH entschieden, dass Vorsteuerüberschüsse oder Umsatzsteuerguthaben, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist vom Finanzamt zurückgezahlt werden, zu verzinsen sind. Die Höhe der Zinsen kann nach Ansicht des VwGH (analog zu bestehenden Zinsbestimmungen) 2 Prozent über dem Basiszinssatz betragen. Der Zeitpunkt des Beginns der Verzinsung wurde im vorliegenden Fall nicht festgesetzt, jedoch darf ein zinsfreier Zeitraum für eine angemessene abgabenrechtliche Prüfung (Einzelfall!) bestehen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bleibt abzuwarten. Diese wird aber vermutlich auch eine Verzinsung von Umsatzsteuernachzahlungen umfassen.
VwGH
Abgeltungswirkung der ImmoESt nur bei korrekter Höhe
Wird die Immobilienertragsteuer auf Basis einer unrichtigen Rechtsmeinung zu niedrig ermittelt, so tritt keine Abgeltungswirkung ein. Bei einem bloßen Rechtsirrtum ist der Steuerpflichtige zwar nicht verpflichtet, den Verkaufsvorgang in seine Steuererklärung aufzunehmen, jedoch kann das Finanzamt von sich aus im Einkommens- bzw. Körperschaftsteuerbescheid die Steuer rechts richtig vorschreiben.
VwGH
Besteuerung der im Ausland tätigen Geschäftsführer einer österreichischen GmbH
Im vorliegenden Fall hat sich der VwGH mit der Besteuerung von in Russland tätigen Geschäftsführern einer österreichischen GmbH beschäftigt. Laut ständiger Rechtsprechung werden Geschäftsführerbezüge dort besteuert, wo die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird (hier Russland). Gleichzeitig wirft der VwGH in seiner Entscheidung die Frage auf, ob Geschäftsführerbezüge nicht als »Directors‘ fees« anzusehen sind und somit das Besteuerungsrecht in Österreich läge. Diese Frage ist im fortzusetzenden Verfahren vom BFG zu prüfen.
VwGH
Kein Hälftesteuersatz für Betriebsveräußerung bei unmittelbar nachfolgender Aufnahme einer Beschäftigung im Folgejahr
Die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes für Veräußerungsgewinne ist nur dann möglich, wenn der Veräußerer (nach Vollendung des 60. Lebensjahres) seine aktive Erwerbstätigkeit tatsächlich einstellt. Auch wenn direkt nach der Betriebsveräußerung die Erwerbstätigkeit eingestellt wird, muss diese über eine längerfristige Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus gerichtet sein. Wird mit Beginn des Folgejahres der Veräußerer im veräußerten Unternehmen beschäftigt (mit mehr als 730 Euro Jahreseinkommen), so ist dies für den Hälftesteuersatz schädlich.
VwGH
Vergütung des Verdienstentgangs umfasst auch Sonderzahlungen
Werden Arbeitnehmer aufgrund von behördlicher Absonderung von der Arbeit gehindert, so kann für den Zeitraum der Absonderung eine Vergütung des Verdienstentgangs beantragt werden. Die Höhe der Vergütung umfasst dabei nicht nur das normale Gehalt, sondern auch die aliquoten Sonderzahlungen, unabhängig davon, ob in dem abgesonderten Monat Sonderzahlungen tatsächlich ausbezahlt wurden.
Restrukturierungsverfahren als Mittel zur vorzeitigen Unternehmenssanierung in der Krise
Mit 26. Juli 2021 trat die Restrukturierungsordnung (ReO) in Kraft. Das Restrukturierungsverfahren gemäß ReO gibt Unternehmern (ausgenommen Finanzsektor, Pensionskassen und gewisse Abbaueinheiten) den Rechtsrahmen für eine präventive Sanierung ihres Unternehmens vor Eintritt der Insolvenz.
Ein solches Verfahren kann nur eingeleitet werden, wenn eine »wahrscheinliche Insolvenz« vorliegt. Diese liegt bei drohender Zahlungsunfähigkeit vor und wird bei einer Eigenkapitalquote von weniger als 8 Prozent und fiktiven Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren vermutet. Gemeinsam mit dem Antrag auf Einleitung (nur von Schuldner möglich) des Restrukturierungsverfahrens muss neben der Darlegung der wahrscheinlichen Insolvenz ein umfangreiches Restrukturierungskonzept bzw. Restrukturierungsplan sowie ein Vermögensverzeichnis, ein Finanzplan und die letzten drei Jahresabschlüsse vorgelegt werden. Dieser Restrukturierungsplan muss, bevor er wirksam werden kann, von den Gläubigern angenommen werden und vom Gericht bestätigt werden. Wird der Restrukturierungsplan angenommen und bestätigt, so bindet dies Gläubiger und Schuldner. In der Regel behält der Schuldner im Restrukturierungsverfahren ganz oder zumindest teilweise die Kontrolle. In manchen Fällen hat jedoch das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen (z.B. wenn die Eigenverwaltung nachteilig für die Gläubiger ist). Die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten sind vom Gericht zu definieren.
Ebenfalls sieht die ReO ein »vereinfachtes Verfahren« vor, das für bereits außergerichtliche, weit fortgeschrittene, Restrukturierungen gedacht ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dabei ein Restrukturierungsplan auch bei Ablehnung von einzelnen Gläubigern abgeschlossen werden.
Neuerungen in der Exekutionsordnung mit Auswirkung auf den Privatkonkurs
Mit 1. Juli 2021 ist eine Reform der Exekutionsordnung und der Insolvenzordnung in Kraft getreten. Dabei wurde unter anderem der neue § 49a EO eingefügt, der bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit die Exekutionshandlungen vorläufig hemmt. Die Zahlungsunfähigkeit wird nach Einvernahme der Parteien mit Beschluss festgestellt und nach Eintritt der Rechtskraft öffentlich kundgemacht. Mit dieser Kundmachung werden die Exekutionsverfahren vorerst ruhend gestellt. Bei keiner Änderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners können die Gläubiger, im Rahmen des Exekutionsverfahrens, einen Insolvenzantrag stellen.
Dieses fortgesetzte Exekutionsverfahren wird in Folge Gesamtvollstreckung genannt. Während der Gesamtvollstreckung kann der Schuldner bis zum Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans die Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens mit Tilgungsplan beantragen. Dies ist insbesondere deshalb interessant, da die Dauer des Abschöpfungsverfahrens mit Tilgungsplan mit Reform des Insolvenzrechts von 5 auf 3 Jahre reduziert wurde. In den »Genuss« der kürzeren Dauer kommen allerdings nur jene Schuldner, die innerhalb von 30 Tagen ab Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit (Feststellung im Exekutionsverfahren!), die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens selbst beantragen.
Corona-Hilfen können weiterhin beantragt werden
/in Kl.-Info. 2021/03Ende Juli wurden die zunächst bis 30. Juni 2021 befristeten COVID-19-Staatshilfen nochmals modifiziert und verlängert. Lesen Sie hier die neuen bzw. verlängerten Änderungen …
Aktuelle Änderungen in der Personalverrechnung
/in Kl.-Info. 2021/03Lesen Sie hier alle aktuellen Veränderungen in der Personalverrechnung zu den Themen Kurzarbeitsmodell, Öffi-Ticket, Pendlerpauschale, Home-Office und Verdienstentgang gem. § 32 Abs. 1 Epidemiegesetz …
Die Offenlegung des Jahresabschlusses: Ein aktueller Überblick
/in Kl.-Info. 2021/03Grundsätzlich sind Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften, verdeckten Kapitalgesellschaften, Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften und bestimmten Genossenschaften binnen neun Monaten ab dem Bilanzstichtag beim Firmenbuch elektronisch einzureichen und offenzulegen …
Lieferungen des Versandhandesl mit dem EU-ONE-SHOP
/in Kl.-Info. 2021/03Mit 1. Juli 2021 wurde eine Reihe von Änderungen bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Versandhandelslieferungen wirksam …
Höchstgerichtliche Entscheidungen
/in Kl.-Info. 2021/03Lesen Sie aktuelle höchstgerichtliche Entscheidungen des EuGH und VwGH sowie zum Restrukturierungsverfahren und Exekutionsordnung …